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Typisch Schweiz in der Beiz – das Boccalino

Boccalino

Vor fast einem Jahr habe ich die Rubrik «Typisch Schweiz in der Beiz» ins Leben gerufen. Damals habe ich euch die Nussgipfelbox von Ovo vorgestellt. Seither ist in dieser Rubrik nichts mehr gegangen, obwohl ich eigentlich genug Stoff hätte. Und um mit dieser Serie, die noch gar keine ist, endlich vorwärts zu machen, wird heute nicht gekocht sondern getrunken. Und zwar Wein. Rotwein. Mit Vorteil Nostrano oder Tessiner Merlot aus einem Boccalino. Dieses Krüglein aus glasiertem Ton in seiner typischen Form mit Henkel und Schnabel ersetzt das Weinglas. Also man trinkt direkt aus dem Krüglein. So ein Boccalino fasst zwei Deziliter Wein.

Ab den 50er Jahren wurde das Boccalino begehrtes Tessiner Souvenir. Spätestens in den 70er Jahren, als in der Deutschschweiz eine Pizzeria nach der andern eröffnet wurde, hielt das Boccalino auch nördlich der Alpen Einzug. Keine Pizzeria, kein italienisches Lokal, das den Wein nicht im Boccalino ausschenkte. Noch bis Ende der 80er Jahre trank man vielerorts Tessiner Weine aus dem Boccalino.

Dann kamen die 90er Jahre und das Boccalino verschwand. Heute fristen Boccalini ein ödes Dasein in den Brockenstuben. Keiner will sie. Aber in meiner Kleinstadt gibt es eine Pizzeria. Kein Nobelitaliener, sondern eine währschafte Beiz mit guten Pizze und grossen Portionen Spaghetti. Und da sind die Boccalini noch in Gebrauch. Manchmal bestell ich mir da einen Tessiner Merlot im Boccalino.

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  • duni
    12. Dezember 2012 at 05:41

    diese kruegel kenne ich aus den unsaeglichen doris schmid -tvsendungen, wo sie dem deutschen publikum als kathrin ruegg verkleidet ihre vorstellung von tessin verkaufen wollte. meins waers nicht, ich brauche eigentlich immer fuer alles ein glas. paar mal im jahr, am csd oder "unter jungen leuten" trinke ich bier aus der flasche, das sieht schon komisch aus .

  • Unknown
    12. Dezember 2012 at 07:04

    Oh wie schon Wilde Henne
    Da kommen etliche Kindheitserinnerungen auf. Ferien in aquila zum Beispiel. Wir hatten in unserem Gartenhaus sogar ein extra gefertigtes Holzbret wo man 10 anhängen konnte…..
    Liebs Grüessli
    Irene

  • zorra
    12. Dezember 2012 at 07:59

    Dank dir wird das Boccalino sicher wieder in. 😉

  • magentratzerl
    12. Dezember 2012 at 09:08

    Wie nett.
    Ich kann ja kein schweizerdeutsch, aber ein Lieblingswort habe ich trotzdem: währschaft 🙂

  • Cooketteria
    12. Dezember 2012 at 09:33

    Lustig, gestern kam mir die Nussgipfelbox wieder in den Sinn (musste mich in der Beiz zwischen Nussgipfel und Vanilleplunder zum Z'nüni entscheiden) und deshalb wollte ich heute mal nachschauen, ob ich weitere Einträge in dieser Rubrik verpasst hatte. Zufälle gibt's.

  • Eline
    12. Dezember 2012 at 09:38

    Ziemlich hässlich – irgendwie liebenswert retro dieses Ding. Findet man in Italien auch noch manchmal. Mich erinnert es an meinen erstem Caorle-Urlaub mit den Eltern, als meine Schwester und ich irrtümlich eine kleine Flasche Spumante tranken, weil wir sie für Limonade hielten.

  • Susi L.
    12. Dezember 2012 at 10:34

    Irgendwie wirkt das Kännchen ein wenig kopflastig. Sieht das durch die Perspektive so aus oder hat das in der Relation wirklich einen so schmalen Fuß?

  • Wilde Henne
    12. Dezember 2012 at 12:15

    @Duni
    CSD? Aha… *pling* 😉
    Ich trink auch lieber aus dem Glas, aber ab und an ein Boccalino aus Jux darf schon sein. Und das eiskalte Bier nach dem Rasenmähen an einem heissen Sommertag, das trink ich auch aus der Flasche. 🙂
    @Irene
    Genau, in meiner Beiz hängen die Boccalini auch an Haken an einem Holzbrettchen.
    @Zorra
    Bloss nicht 😉
    @Magentratzerl
    Huch, mir war gar nicht bewusst, dass «währschaft» CH-deutsch ist. Währschaft = solid, rustikal, bodenständig
    @Cookie
    Zwei Dumme – ein Gedanke oder so 😉 Lustig, der heutige Beitrag war gestern so eine spontane Eingebung. Erst wollte ich ein Rezept posten, aber dann blinkte vor meinem geistigen Auge das Boccalino auf.
    @Eline
    Spumante als Kinder… auch nicht schlecht *hicks* Aber sicher nicht aus dem Boccalino, nehme ich mal an 😉
    @Turbohausfrau
    Das Krüglein ist kopflastig und hat einen kleine Fuss. Das ist nicht die Perspektive, sondern Realität 😉

  • kegala
    12. Dezember 2012 at 12:53

    da würde mir ein edler Tropfen auch gut daraus schmecken 🙂

  • Sybille
    12. Dezember 2012 at 13:12

    Über Geschmack lässt sich nicht streiten aber interessante Geschichte!
    Gut aufbewahren…meistens kommen die Sachen wieder zurück!
    Währschaft gefällt mir auch!! Das klingst so "stark".

  • Wilde Henne
    12. Dezember 2012 at 13:28

    @Gaby
    Aus dem Boccalino trinkt man eher so Tisch- und Landweine, die edlen Tropfen werden im Glas serviert.
    @Sybille
    Aufbewahren? Bewahre mich – ich habe selber kein Boccalino. Das Foto entstand während eines Pizzaessens in besagter Pizzeria, da habe ich aus Jux ein Boccalino bestellt (weil ich es fotografieren wollte). Darauf hin haben meine «Mitesser» alle auch eins bestellt. Seither trinken wir dort ab und an den Wein aus dem Boccalino statt aus dem Glas 😉

  • duni
    12. Dezember 2012 at 13:47

    ich hab keinen rasen, den ich maehen muss, wahrscheinlich krieg ichs deswegen mit den bierflaschen nicht auf die reihe.

  • Ti saluto Ticino/Bonjour Alsace
    12. Dezember 2012 at 17:50

    Nostalgia pur, dieser Boccalino ist schon ziemlich heftig 😉
    Ich habe übrigens den Boccalini auch einen Post gewidmet, schau mal hier:

    tisalutoticino.blogspot.fr/2011/11/ein-boccalino-im-grotto-raffael-losone.html

  • Wilde Henne
    12. Dezember 2012 at 18:51

    @Duni
    Naja, ohne Rasen auch kein Bier aus der Flasche, da geb ich Dir recht 😉
    @Tessinerli
    Hätte mich doch gewundert, wenn Du nicht über das Boccalino geschrieben hättest. Das Boccalino wurde hierzulande durch die italienischen Zahnputzgläser abgelöst. Bin gespannt, nach welcher Mode der italienische Rotwein als nächstes serviert wird. 😉

    • Ti saluto Ticino/Bonjour Alsace
      12. Dezember 2012 at 20:59

      Bist Du sicher, dass es "das" Boccalino heisst?

    • Wilde Henne
      14. Dezember 2012 at 07:07

      In «richtig Deutsch» heisst es wahrscheinlich «der» Boccalino. Wir Berner sagen aber: «Bring mer es Boccalino Tessiner Merlot», also es = sächlich. 😉