Fleisch/ Hauptspeisen/ Pasta

Wie der Hirsch zum Schwein wurde – Schweinsfilet mit Pfefferkruste und Quarkknöpfli

Ich warne schon mal vor – das gibt ein Monsterpost. Aber heute habe ich keine Lust, mich kurz zu fassen, weil ich erst mal eine Lobhudelei auf ein Kochbuch machen muss. 
Kochbücher – das ist ja so ein Thema für sich. Bei mir stehen ganz viele rum: Wunderschöne Bildbände aus dem Dumont-Verlag, oft angeschaut und durchgeblättert, nie was draus gekocht; das Schulkochbuch aus Jugendzeiten mit vielen Grundrezepten – Béchamelsauce, Knöpfliteig, Zopfteig, Weihnachtsgüetzi-Rezepten etc. – oft gebraucht, ganz zerfleddert; Themenkochbücher wie «Das Kürbisbuch», «Das grosse Beerenbuch», «Trennkost für alle» und wie sie alle heissen – geschenkt gekriegt, selbst gekauft wegen eines, höchstens zweier Rezepte, ausprobiert, weggestellt, vergessen. Dann natürlich die «Bibeln» von Marianne Kaltenbach, auch nach Ihrem Tod für mich nach wie vor die grösste Kochbuchautorin der Schweiz. Kochbücher habe ich also genug, ich kaufe keine mehr, so mein Vorsatz vor etwa fünf Jahren
Aber vorigen Samstag, als ich in Bern rumstiefelte, konnte ich einfach nicht anders. In dieses Buch habe ich mich komplett verliebt: «Werner Tobler – Cuisinier» aus dem AT Verlag. Werner Tobler führt das Restaurant Braui in Hochdorf. Ich kenne ja die Küche von einigen Gault-Millau-Punkte-Köchen, und manchmal denke ich: «Ein bisschen weniger hoch geschwurbelt wäre jetzt mehr gewesen.» Und Kochbücher von hochdotierten Köchen sind mir meist einfach zu überkandidelt. Aber das hier von Werner Tobler… so sympathisch… im Vorwort schreibt Toblers Freund Martin Jenni: «Nichts Kompliziertes, kein Gourmettempel-Deutsch, dafür ausdrucksstarke Bilder, klare Küche, klare Sprache. Ein Kochbuch, das nicht ins Büchergestell, sondern auf den Küchentisch gehört…»
Jawoll – dieses Kochbuch (ich koche doch eigentlich nie nach Rezepten) wird bei mir Fett- und Saucenflecken abkriegen, wird in kürzester Zeit wahrscheinlich wie mein altes Schulkochbuch aussehen, lag am Samstag bei mir neben dem Herd und während des Kochens habe ich mich die ganze Zeit über dieses Buch gefreut. So richtig! Ganz wunderbare Bilder, schöne Geschichten rund ums Essen und Kochen, Portraits von Menschen, die dem Braui-Koch nahe stehen, liebevoll geschriebene Texte und natürlich Rezepte, die Du und ich nachkochen können, weil die Zutaten erhältlich sind und der Koch nicht total durchgedreht ist.

Also dann kochen wir doch mal mit Werner Tobler. Auf Seite 110 gibt es «Hirschmedaillons mit Pfefferkruste» mit Quarkknöpfli. Ich hatte aber keinen Hirsch. Woher auch – die Hirschjagd hat ja grad erst angefangen. Aber ich hatte ein Schweinsfilet, mittlerweilen sehr gut in meinem Kühlschrank gelagert, sprich, das musste unbedingt weg – jetzt oder nie! Dem Schwein steht die Pfefferkruste sicher auch. Toblers Rezepte sind alle für 6 Personen, weil «schlemmen tut der Mensch in Gesellschaft mit Familie und Freunden». Meine Rezeptangaben haben gut für 4 Personen gereicht.

Rezept für 4 Personen
1 Schweinsfilet
(das dünne Ende weggeschnitten, kann man für was anderes brauchen)
1 Esslöffel milder Senf
2 bis 3 Esslöffel grob gemahlener, schwarzer Pfeffer
2 Esslöffel Bratbutter

4 vollreife Feigen
4 Espressolöffel Zucker
50 ml roter Portwein
Butterflöckchen

Portweinjus
2 dl Kalbsfond
2 dl roter Portwein

Filet parieren (falls es der Metzger nicht schon gemacht hat), leicht salzen, auf der oberen Seite mit einer dünnen Schicht Senf einschmieren und die Senfseite mit dem Pfeffer bestreuen, diesen andrücken und etwas trocknen lassen. In einer Bratpfanne das Filet bei mittlerer Hitze erst auf der Pfefferseite in Bratbutter vorsichtig kurz anbraten, damit der Pfeffer nicht verbrennt. Dann wenden und auf der ungepfefferten Seite fertig braten. Filet auf ein Kuchengitter legen, einen Teller unterschieben und im Backofen warm halten.
Die Feigen halbieren und mit der Schnittfläche nach oben in eine Gratinform stellen. Zuckern, mit Portwein beträufeln, Butterflöckchen drüber und im Backofen bei 80 Grad ca. 10 Minuten erwärmen. Für das Filet passen die 80 Grad auch, geht also gut nebeneinander her.

Für den Portweinjus den Bratensatz mit dem Kalbsfond angiessen und auflösen und mit dem Portwein langsam so einköcheln, bis die Sauce die gewünschte Konsistenz erreicht hat. Den Saft von den Feigen kann man hier auch noch dazu giessen.

Nachtrag

Gell, ich muss nicht extra erwähnen, dass das Filet nicht direkt aus dem Kühlschrank in die Pfanne hüpft. Mein Schwein lag mindestens drei Stunde in der Küche rum, bevor es die Pfanne von Innen sah, hatte somit Raumtemperatur.


Von den Quarkknöpfli habe ich grad doppelt soviel gemacht wie im Buch steht. Denn der Aufwand ist genau der selbe und Knöpfli kann man immer brauchen.
Von den Knöpfli war ich total begeistert. Sowas von zart und fluffig fein… die wird es so jetzt öfters geben.
Quarkknöpfli (doppelte Portion)
500 g Mehl
6 Eier
600 g Vollrahmquark
2 Teelöffel Salz

Eier und Quark miteinander verrühren. Mehl und Salz in die Schüssel der Küchenmaschine geben, Eier-Quark-Gemisch dazu und gute 10 Minuten rühren. Den Teig dann zugedeckt eine Stunde ruhen lassen. Durch ein Knöpflisieb direkt ins kochende Salzwasser drücken oder vom Brett schaben. Sobald sie im Wasser aufsteigen, mit der Schaumkelle rausschöpfen und kalt abschrecken.




Bisschen Butter aufschäumen lassen und die Knöpfli darin warm schwenken oder leicht goldbraun anbraten.
Und weil im Kühlschrank zwei Randen rumdümpelten und ich schon lange mal Roberts Bratschlauch-Randen ausprobieren wollte, gab es die als Gemüsebeilage. Die Randen hatte ich am Nachmittag gemäss diesem Rezept im Ofen gegart, anschliessend geschält, in Würfel geschnitten, diese in aufgeschäumter Butter geschwenkt und mit ein bisschen Fleur de Sel bestreut. Sie waren eine schöne Beilage zum Filet.


«werner tobler – cuisinier», 2009
AT Verlag, Baden und MünchenISBN 978-3-03800-475-2

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  • Anonym
    9. September 2012 at 09:54

    Kannst Du hexen?
    Gestern hab' ich antiquarisch das längst vergriffene Fischkochbuch der Kaltenbach (ja, la Kaltenbach!) ergattern können, Schweinesteak (kein Filet) liegt im Kühlschrank, und Feigen habe ich auch gekauft…
    (Nur für den Port muss ich Ersatz finden, wird wohl alter Roter werden.)
    Ich weiss, was es heute abend zu essen gibt!

    twocents

  • Anonym
    9. September 2012 at 10:18

    Oh hätt ich nicht erst grad zmörgelet, ich käme glatt um vor Gluscht.

  • Sybille
    9. September 2012 at 12:50

    Das ist ja nett. Viele wunderschöne Kochbücher, nie was draus gekocht. Altes Schulkochbuch, zerfleddert und immer in Gebrauch…wie bei mir.
    Lecker dein Schweinchen und die Knöpfle erst.
    Die überleben bei mir selten den Weg bis zum Teller, frisch aus dem Sieb mag ich sie am liebsten.

    Wünsch euch einen schönen Sonntag 😀

  • Die Küchenschabe
    9. September 2012 at 15:24

    Mmmhhhh, Topfennockerl ;-).
    Den Vorsatz, keine Kochbücher mehr zu kaufen hab ich auch immer mal wieder – ich hab inzwischen ungefähr dreihundert Stück, das müsste ja eigentlich für ein Leben lang reichen, und trotzdem …
    Und das dünne Ende vom Schweinslungenbraten erbettelt sich meist der Kater!

  • Unknown
    9. September 2012 at 15:30

    Das sieht bei dir einmal mehr mehr als fein aus! Quarkspätzli habe ich auch mal versucht, waren pampig und en bloc. Ein Grund das nochmals in Angriff zu nehmen. Ich habe gestern beim Metzger ein tolles Fleischbuch Schnäppchen von der wildeisen gemacht. Hier liegen auch haufenweise Bücher rum, gezählt habe ich sie nicht.
    Liebs grüessli Irene

  • Ti saluto Ticino
    9. September 2012 at 17:44

    Oooch, bist Du schon fertig? Ich habe mich extra mit einem Glas Prosecco bewaffnet und mich auf einen langen Abend mit dem Lesen deines Monsterposts eingestellt 😉
    Übrigens, liebes Bernerli, das hast Du toll angerichtet – super gemacht!

  • kegala
    9. September 2012 at 17:48

    wunderbar Henne, Dein Teller sieht köööstlichst aus.
    Ja die lieben Kochbücher.Ich habe auch einige im Regal, die ich gerne anschaue, und auch immer wieder darin blättere.
    Seit ich blogge, kommt das Blättern eher zu kurz 😉

    Lieben Gruß
    Gaby

  • grain de sel
    9. September 2012 at 20:02

    1A Sonntagsessen!

  • Wilde Henne
    10. September 2012 at 00:08

    @Twocents
    Das Fischkochbuch von der Kaltenbach ist einfach ein Hit, gell. Das habe ich auch. Berichte, wie Dein Schwein mit altem Roten geworden ist. Sag, willst Du nicht langsam auch einen Blog eröffnen?
    @Flohnmobil
    Ja, ich weiss – war ein bisschen gemein von mir, sowas zu posten, wenn alle Welt grad beim Sonntagsbrunch sitzt 😉
    @Sybille – Schwester im Geiste 🙂
    Ich hab die Knöpfli durchs Sieb gedrückt, im Topf hochsteigen lassen, eine Schaumkelle voll rausgeschöpft und mit einem Suppenlöffel gleich gegessen… Göttlich… und niemand hat's gesehen 😉
    @Küchenschabe
    Ich hab meine Kochbücher noch nie gezählt. Irgendwie sind die gar nicht so wichtig. Ausser die paar, die ich oben im Post bereits erwähnt habe. Aber es gibt ein Buch, das ist super wictig. Das ist ein selbstgeschriebenes Kochbuch. Also so ein Florentiner Buch, Du weisst schon… mit leeren Seiten, wo man seine eigenen Rezepte reinschreiben kann. Das Teil fliegt nach bald 20 Jahren auch fast auseinander – beherbert aber meine allerallerwichtigsten Rezepte. So auch ein geheimes Schoggikuchenrezept. Meine Kids prügeln sich jetzt schon darum, wer dieses Buch mal erbt. Vielleicht nehm ich es mit ins Grab… 😉
    @Irene
    Also wenn Du Dich an mein, resp. an das Rezept von Werner Tobler für die Quarksknöpfli hältst, dann kann nix schief gehen. Guck Dir meine Dinger an – ich sag Dir, die waren sooooo lecker. Die feinsten, fluffigsten, lockersten, zartesten Knöpfli, die ich jemals hatte. Ich hatte den Bio-Quark im 500 g Becher vom orangen M (nicht abgetropft). Funktionierte super damit!
    @Tessinerli
    Komm… so ein langer Post hatte ich schon ewig nicht mehr. Aber merci fürs Kompliment. Menno, irgendwann müssen wir uns mal treffen – so verflucht weit weg bist Du ja wirklich nicht von mir. Von mir aus ist es eine schlappe Stunde ins Elsass…
    @Gaby
    Ganz ehrlich, seit ich blogge, gucke ich auch kaum noch in Kochbücher. Bloggerrezepte sind auf jeden Fall gelingsicherer als alle andern Rezepte. Aber das Kochbuch von Werner Tobler kann ich wirklich unbesehen empfehlen. Ich habe fast ein bisschen Herzklopfen, wenn ich das Buch öffne. Das hat was mit Liebe zu tun.
    @Salzkorn
    War Samstag. Aber für Sonntag passt es auch.

    • Anonym
      10. September 2012 at 12:38

      Das Schwein wurde … zum – allerdings wenig authentischen – Thai-Schwein.
      Ich war lange unterwegs, und deshalb war's zu spät für den Knöpfliteig (und Spätzlesteig braucht Zeit zum Quellen, das weiss ich). Also hab' ich umdisponiert, Fleisch geschnetzelt und mit Zwiebel angebraten, rote Thaicurrypaste dazu, rote Peperoni und Zucchetti, zum Schluss Kokosmilch. Der Reis garte parallel.

      Aber Dein Hirschschwein kommt noch dran, das Rezept ist einfach zu aamächelig!

      Bloggen, nö, lieber nicht, müsst' ich ja regelmäßig kochen ;-). Und fotografieren. Und schreiben…

      twocents

  • Anonym
    10. September 2012 at 10:00

    goldbraun angebratene Knöpfli – was braucht man(n) mehr? Yummy!
    Liebe Grüsse aus Zürich,
    Andy

  • Wilde Henne
    10. September 2012 at 14:05

    @Twocents
    Ein Thaischwein ist auch nicht zu verachten. Gut war es ein Schwein und nicht ein Hirsch. Der hätte als Thai seltam angemutet 😉
    @Andy
    Gell, Knöpfli sind etwas Wunderbares. Und die hier, ich schwör Dir, die waren einfach extrem fein!

  • zorra
    10. September 2012 at 14:46

    Ha, ich habe diesen Winter fast was ähnliches gekocht. Mit selbst in Rotwein eingelegten Feigen aber ohne Pfefferkruste. Die ist sicher das i-Tüpfelchen! Rezept und Kochbuch sind notiert.

  • Petra aka Cascabel
    11. September 2012 at 20:38

    MannoMann. Da hatte ich beste Vorsätze, was den Kochbuchkauf anbelangt – und nun hat der Klick-Finger sich doch selbständig gemacht 😉 Ich mag übrigens Kochbücher, die sich jahreszeitlich orientieren.

  • Maranathatalitha
    17. Juli 2014 at 13:03

    Habe dasselbe Spatzensieb. Warum sind die L öchlireihen so erhoben und nicht flach in der Ebene? Mein Teigschaber leidet immer sehr, und ich selber esse lieber Spatzen als P lastic. Was mache ich falsch?

    • Wilde Henne
      9. Dezember 2014 at 18:14

      Ich drücke den Teig nicht mit dem Teigschaber durch die Löcher sondern mit der flachen Hand. Das geht ratzfatz.